Eine Zahl aus der Haushaltsklausurtagung hat Eindruck hinterlassen. Das Haushaltsvolumen der Stadt Cham erreicht im VerwHH und VermHH erstmals seit Stadtgründung die Rekordsumme von 100 Millionen Euro – genau 101.184.071 Euro. 2024 waren es noch 87,5 Mio., 2025 kommen wir auf voraussichtlich 94,7 Mio. Volumen. Nach den aktuellen Daten aller bayerischen Kommunen erreicht keine Stadt in Bayern mit weniger als 20.000 Einwohnern ein Haushaltsvolumen von über 100 Millionen Euro. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik.
Cham liegt weiter an Platz Nr. 2 der 39 Kommunen im Landkreis Cham, was die Steuerkraft anbelangt. Unser Schuldenstand beträgt derzeit 3,48 Mio. Euro. Jeder Einwohner steht also statistisch gesehen mit knapp 200 Euro in der Kreide. Im Vergleich dazu lag der durchschnittliche Schuldenstand pro Einwohner in bayerischen Kommunen 2024 bei 1.300 bis 1.400 Euro. Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik.
Alles palletti! Dann können wir uns ja zurücklehnen und die anstehenden Feiertage genießen. Mitnichten. Die Stadt Cham mit Bürgermeister Martin Stoiber an der Spitze rollt in den nächsten Jahren ein gigantisches Investitionsprogramm aus, in das allein 2026 15,3 Mio. Euro fließen werden:
Grundschule Cham, Sportkindergarten und Stadion, Hochwasserschutz, Generalsanierung Kläranlage, 2. Bauabschnitt Begegnungszentrum, Kindergarten Vilzing, Dorfmitte Katzberg, Gewerbegebiet Cham-Süd, Sanierung und barrierefreies Wohnen Wolfgang Schmidtbauer-Straße 5, Campus Cham,Glasfaserausbau, JUZ Cham, neue Feuerwache, Kapitaleinlage Stadtwerke Cham für die Beteiligung an Regionalwerken.
Kostentreiber in diesem Haushalt sind - neutral betrachtet - Personalkosten und die auf 19,23 Mio.ansteigende Kreisumlage. Beides kann der Stadtrat nur bedingt, beziehungsweise gar nicht,beeinflussen. Allein bei unseren Kindertageseinrichtungen und Mittagsbetreuungen führt der Dreiklang - Lohnsteigerungen, Betreuungsschlüsselverbesserung, Verschlechterung der Erstattungen von höherer Stelle - zu Mehrausgaben in Millionenhöhe. Ob der Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung zu Einsparungen und Stellenreduzierungen führt, lässt sich heute noch nicht exakt beziffern. Momentan wissen wir allerdings sicher, dass der weitere Ausbau der Digitalisierung hohe Kosten verursacht.
Unsere Heimatstadt benötigt dank ihrer Wirtschaftskraft keine Schlüsselzuweisungen. Es fließen aber aus dem Sondervermögen des Bundes 2026 voraussichtlich über die kommunalen Investitionsbudgets 1.439.509 Euro in das Stadtsäckel. Eine mehr als willkommene Finanzspritze für nicht geförderte Vorhaben, wie zum Beispiel die Erweiterung des Campus Cham oder die Sanierung der Brücke in Wackerling - auch wenn sich dieses „Sondervermögen“ nicht aus einem schier unendlichen Füllhorn rekrutiert, sondern aus zusätzlichen Schulden, die in Zukunft mit Zinsen abbezahlt werden müssen.
So ein Megabudget weckt einerseits Begehrlichkeiten, andererseits Unverständnis, wenn der Rotstift angesetzt wird oder Projekte geschoben werden. Stichwort: marode Straßen; stehen seit Jahren bzw. Jahrzehnten zur Sanierung an, erscheinen aber wieder nicht im Haushalt, obwohl dort insgesamt 7,6 Mio (davon 3,2 Mio reine Sanierungsmaßnahmen für Straßen und Brücken) für den Straßenbau aufgelistet sind.
Da droht dann auch mal die Stimmung in einer an sich harmonischen Klausurtagung
zu kippen.
Allein, was ausblieb, war der kollektive Aufstand, denn jede/r Ortsteil/Ortsliste wurde beim Straßen- und Gehwegebau gleichmäßig bedacht bzw. abrasiert.
Schauen wir mit unserer Fraktionsbrille auf den Haushalt 2026. Unsere Anregungen, bzw. Haushaltsbedarfsmeldungen waren kostentechnisch überschaubar, da unsere Fraktion keine Straße und kein Baugebiet beanspruchen kann. Trotzdem haben wir gerne fast immer brav die Hand gehoben– bis auf überdimensionierte Hühnerställe.
Konkret wird jetzt endlich das Soldatenbild im Foyer des Rathauses saniert, es werden mehr Sitzbänke und Hundetoiletten aufgestellt, am Ehrenhain werden Absperrpfosten installiert, die Erschließung der Reichsburg als stadtgeschichtlich bedeutender Ort wird weiter gefördert.
In den Jahren 2024 bis 2026 wurden und werden insgesamt über 400.000 Euro in Baumpflegemaßnahmen investiert. Ein erfreuliches Signal für die Bedeutung unserer grünen Infrastruktur. Das Gartenbauamt mit Sebastian Karl an der Spitze leistet einen tollen Job. Hinzubkommen 210.000 Euro für die Pflege der Straßenbäume.
Unser 30 Punkte umfassende Antrag zur Zukunft des Chamer Friedhofes aus 2021 ist abgearbeitet,teilweise abgearbeitet, bzw. in Planung. Auch das ist durchaus erfreulich. Leider werden für die Reinigung des Kriegerdenkmals im Ehrenhain und die Sanierung des darauf befindlichen Kreuzes in 2026 wieder keine Mittel zur Verfügung gestellt.
Für das wunderschön gelegene, aber in die Jahre gekommene Freibad, wird nach der energetischen Ertüchtigung ein weiterer Sanierungsfahrplan erstellt. Die strategische Priorisierung des Fahrradverkehrs wird jetzt auch langsam, aber sicher im Stadtgebiet sichtbarer. Ähnlich wie bei der Förderung der „Balkon-PV-Anlagen“ soll auch die bauliche Förderung von Zisternen in Privatgrundstücken geprüft werden. Das begrüßen wir sehr. Auch unser Bemühen um die Erinnerungskultur in der Stadt Cham trägt Früchte. Die Errichtung eines Mahnmals für alle Opfer des Nationalsozialismus im Stadtpark wird 2026 umgesetzt. In diesem Areal wird ferner ein weiterer Trinkwasserbrunnen errichtet, ein Hitzeschutzkonzept ist in Arbeit. Ein immer wieder aufgeschobener Wunsch unserer Fraktion, die Errichtung eines barrierefreien Parkplatzes auf den Marktplatz soll nun2026 endlich kommen. Eine weitere Verzögerung dieser -vergleichsweise kostengünstigen - Maßnahme und damit Verbesserung der derzeitigen Situation akzeptieren weder unsere Fraktion, noch der Behindertenbeauftragte.
Sehr positiv bewerten wir die konkreten Vorhaben für die Aufwertung des Freizeitgeländes Quadfeldmühle. Unter anderem wird im Zuge der Baumaßnahmen vorrübergehend ein barrierefreier, selbstreinigender Sanitärcontainer aufgestellt. Da unserer Fraktion vor allem die Inklusion am Herzen liegt, freuen wir uns über weitere inklusive Spielgeräte und eine Toilette für Alle, wenn die Straßenbaumaßnahmen am „Auge“ abgeschlossen sind.
Attraktivitätssteigernd werden sicherlich auch Überlegungen für den Naherholungsgürtel Quadfeldmühle - Florian- Geyer-Brücke wirken, wenn die Hochwasserfreilegung in der Stadellohe endlich angelaufen ist. Auch wenn sich diese Maßnahmen noch im Ideen-Stadium befinden, eignen sie sich wunderbar, um direkte Demokratie zu leben, indem die Bevölkerung dazu befragt und bei den Entscheidungen miteinbezogen wird. Wir begrüßen den Umzug des Jugendzentrums in größere Räume in der Altenstadter Straße. Im JUZ wird großartige Integrationsarbeit für unsere jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger geleistet, was leider in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen wird.
Der erste Bauabschnitt des Begegnungszentrum St. Michael ist abgeschlossen, die Bewohnerinnen und Bewohner sind vor kurzem umgezogen. 2026 beginnt der zweite Bauabschnitt. Dieses zukunftsweisende und innovative Großprojekt, das einen erheblichen Mehrwert für unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger darstellt, haben wir gerne seit Jahren mitbegleitet.
Unsere Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushalt 2026 zu.
Der neue Stadtrat kann sich ab Mai 2026 neben den laufenden Projekten auf interessante neue Themen freuen, wie beispielsweise die Entwicklung des Hintereder-Areals und die Nachnutzung der Gebäude Gerhardinger Realschule nach Auszug des RSG.
Ferner die Prüfung einer Unter- oder Überführung der Bahnlinie auf Höhe Campus als echter Mehrwert für das Quartier Altenstadt/Siechen. Hier müssen die Gespräche mit der Bahn konkreter werden. Dem Vernehmen nach hat ein substantieller Austausch hierzu noch gar nicht stattgefunden.
Im Bewusstsein stark steigender Preise für fossile Energiequellen wie Gas und Öl, müssen wir die kommunale Wärmeplanung weiter vorantreiben. Davon werden Betroffene Vorteile haben auch wenn nicht alle Stadtgebiete profitieren werden. Aber sie bietet Orientierung und Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, welchen Weg zu erneuerbaren Energien sie vor der Haustür gehen können.
Lebenswert machen unsere Wohngebiete auch so scheinbar banale Maßnahmen wie Tempo 30. Unsere Fraktion kann nicht nachvollziehen, warum dies in Stadtteil-Straßen und in der Altstadt möglich ist, aber nicht flächendeckend in allen Wohngebieten. Wiehert hier der Amtsschimmel lauter als der Schutz der Anwohner vor Lärm, Abgasen und Rasern?
Ein weiteres Spannungsfeld für den künftigen Stadtrat bleibt die scheinbar unlösbare Problematik im Gebäude – und Wohnungsbau, Flächenfraß einzudämmern, nach zu verdichten, Wohnraum zu schaffen, aber ein Augenmaß bei der Dimensionierung von Neubauprojekten zu bewahren. Veränderungssperren lösen den gordischen Knoten genauso wenig wie das Beharren auf die ewiglich freie Sicht zum Kirchturm von St. Jakob. Wir begrüßen die Bemühungen der Verantwortlichen im Bauamt, Leitplanken im Zuge der aufgeweichten Planungshoheit zu entwickeln. Ob sich alle daranhalten werden, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Für das Wohnzimmer unserer Stadt brauchen wir offenbar weiterhin einen langen Atem. Aus Sicht unserer Fraktion war die Stadt in diesem Bereich durchaus tätig - vielleicht nicht immer zielführend. Ideen gäbe es zuhauf, aber nicht alles lässt sich mit Geld lösen. Die Bereitschaft, am Marktplatz Gebäude zu erwerben, um diese einer zukunftsorientierten Nutzung zuzuführen, ist gegeben – welche Kommune im Landkreis kann das schon von sich behaupten. Dass nicht alle Projekte so rund laufen, müssen wir beim Bemühen um eine Belebung der Innenstadt zugeben. Jetzt haben wir uns letztlichdoch dazu durchgerungen, die Stelle eines Standortkoordinators/einer Standortkoordinatorin als Mitarbeitende der Stadt in Vollzeit auszuschreiben. Er/Sie soll sich v.a. um die Leerstände kümmern und in Zusammenarbeit mit dem Verein Cham erleben, den Einkaufsstandort Cham stärken.
Unsere Weihnachtsbotschaft an alle Menschen in unserer Heimatstadt lautet, dass Cham trotz eines gigantischen Investitionsvolumens vor der Brust auch 2026 und die folgenden Jahre handlungsfähig bleibt.
Am Ende des Tages“ – diese Formulierung nutzt unser Bürgermeister gerne bei Grußworten – schauen wir alle gebannt auf die politische Großwetterlage. Frieden und Freiheit in Europa sind bedroht. Rote Linien werden ohne mit der Wimper zu zucken verschoben - ganze Landstriche in Europa rücksichtslos verschachert. Unsere Angst wächst – eingezwängt zwischen einem Aggressor aus dem Osten, der unsere Werte und Landesgrenzen angreift und einem transatlantischen Partner, der uns Europäer für verrückt erklärt, weil wir diese Art von Deals für unanständig halten.
Angesichts der wachsenden globalen Unsicherheit ist es umso bemerkenswerter, wenn viele Menschen vor Ort - je nach ihrem eigenen Potential - dazu beitragen, dass Cham unsere lebens- und liebenswerte Heimatstadt bleibt. Wir wertschätzen alle Bürgerinnen und Bürgern, die sich für andere Menschen einsetzen und sich ehren- und hauptamtlich darum bemühen, dass Begegnungen aller Art möglich sind und soziale Kälte außen vor bleibt.
Herzlichen Dank für dieses nicht mehr selbstverständliche Engagement!
Wir wünschen allen Bürgerinnen und Bürgern frohe und friedliche Weihnachten. Bitte halten Sie zusammen und bleiben Sie möglichst gesund.
Claudia Zimmermann, Fraktionssprecherin SPD/ÖDP
Cham, den 18.12.2025