Haushaltsrede 2021

Stadtratsfraktion SPD / ÖDP

Haushalt der Stadt Cham 2021
Corona wird dem Haushalt der Stadt Cham im Gegensatz zu vielen anderen Städten wohl kein ganz so großes blaues Auge schlagen. Rechnete der Kämmerer anfangs mit einem Delta von zirka 3 Millionen (Vergleichsdaten Einnahmen aus Steuerarten und Finanzzuweisungen 2020 29,9 Mio zu 26,9 Mio 2021), wird dieses Delta dem Vernehmen nach wohl wieder kleiner. Trotzdem sind die Herausforderungen in 2021 und 2022 gewaltig.

Ein Blick auf die Struktur der kommunalen Einnahmen offenbart, dass fast alle Einnahmearten sinken. Unbehelligt bleiben im Wesentlichen nur die Grundsteuern und die Kostenerstattungen von Bund und Land.
Verluste bei den Gebühreneinnahmen sind unmittelbar pandemiebedingt. Steuern und Zuweisungen reagieren jedoch mittelbar als Ergebnis der eingetrübten Konjunktur und schlagen auf den Haushalt durch.
Trotzdem macht das berüchtigte „Sparen auf Teufel komm raus“, in dieser Situation keinen Sinn. Zu groß sind die Haushaltslücken in einigen Einzelplänen, zu sensibel ist das Funktionieren der Verwaltung und zu wichtig sind antizyklische Investitionen. Die Handlungsfähigkeit unserer Stadt muss erhalten bleiben und sie bleibt mit diesem Haushalt 2021 erhalten, das sieht auch unsere Fraktion so. Deshalb stimmen wir dem Haushalt zu.

Grundvoraussetzung dafür ist aber, dass die Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Land auch 2021 für coronabedingte Gewerbesteuerausfälle fließen und Mindereinnahmen städtischer Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen kompensiert werden. Denn vor Ort besteht in der Tat kein großer Handlungsspielraum zum Sparen. Investitionen in unser neues St. Michael, in den Ausbau der Ganztagesbetreuung, in marode Brücken, in die Digitalisierung der Schulen und Verwaltung, in bezahlbaren Wohnraum, in den Brandschutz, in den Klimaschutz oder den Straßenunterhalt können nicht einfach so auf die lange Bank geschoben werden.

Eckdaten des Haushaltes 2021:
• Verwaltungshaushalt 44,5 Mio, Vermögenshaushalt 13,22 Mio,
• Nettoneuverschuldung zirka 1 Mio, prognostizierter Schuldenstand 2021 8,4 Mio., knapp 500 Euro Pro-Kopf-Verschuldung,
• Grundsteuer und Gewerbesteuersätze bleiben gleich, bei 350 vH.,
• Zuführung zum Vermögenshaushalt 2,37 Mio,
• 17.000 sozialversicherungspflichtige ArbeitnehmerInnen und eine stattliche Anzahl an Gewerbebetrieben im Stadtgebiet.

Mit welchen Investitionen werden wir die Zukunft unserer Heimatstadt prägen. Das ist jetzt bereits mehrfach aufgezählt worden, deshalb erlauben Sie mir als letzte Rednerin exemplarisch zu bewerten, ob unsere Fraktion das gut oder weniger gut findet.

Viel Invest in die digitale Ausstattung – allein in der Verwaltung über 200.000 Euro – überfällig.

Brandschutz – nachvollziehbare Verzögerungen, aber entlang der Leitlinie Feuerwehrbedarfsplan, jetzt im Fokus FFW Altenmarkt.

Bildung – hier wird vor allem in die digitale Ausstattung investiert, die VHS erhält einen Zuschuss für die Dachsanierung, für das Kinderhaus Loibling wird eine Erweiterung geplant. Mit dem Haushalt 2022 muss aber das Thema Ganztagesbetreuungsanspruch ab 2025 insbesondere an der Grundschule Cham auf die Agenda. Ebenso müssen wir uns konkretere Gedanken darüber machen, wie wir dem steigenden Bedarf an Kitaplätzen vor allem im Süden der Stadt gerecht werden.

Sport – da sind die Hausaufgaben wirklich gemacht, jedes Jahr eine große Investition in einem anderen Stadtteil. Unser Stadion in Cham ist wie wir alle wissen, in die Jahre gekommen, dass es bereits konkrete konzeptionelle Überlegungen gibt für den Fall, dass kurzfristig ein Förderprogramm zur Verfügung steht, halte ich für sehr clever. Lobenswert finden wir auch, dass die Verbesserung der Energieeffizienz im Freibad Cham an oberster Stelle steht. Diese Maßnahmen sollten bis hin zur Installation einer PV-Anlage im Rahmen einer Generalsanierung weitergeführt werden.

Eine besondere Duftmarke wird im Straßenbau gesetzt. Allein im Tiefbau sind 2021 über 5 Mio vorgesehen, in den Jahren danach steigen die jeweiligen Summen auf über 6 Mio. So werden die Ausgaben für die Straßeninstandhaltung auf 700 000 Euro aufgestockt, wobei hier der limitierende Faktor weniger das Geld, sondern das fehlende Personal ist.

Den Autofahrer freut es, wo bleiben aber die anderen Verkehrsteilnehmer, die Radfahrer und Fußgänger? Da haben wir uns auf Antrag der Freien Wähler erstmals eine Art Selbstverpflichtung gegeben. Sehr begrüßenswert!

Die Erstellung eines Fahrradkonzepts für die Stadt Cham, das zunächst einmal sicherstellen soll, dass Bürgerinnen und Bürger mit dem Radl gefahrlos von Nord nach Süd und von Ost nach West durch die Stadt kommen und die Lücken an Fahrradwegen aus einigen Ortsteilen geschlossen werden.

Bei den Verbesserungen für Fußgänger geht es Stück für Stück voran. Unsere Fraktion hat insbesondere die Verkehrsteilnehmer mit Handicap ins Auge gefasst und in unseren Haushaltsbedarfsmeldungen viele kleine, aber wirksame Maßnahmen auf dem Weg zu mehr Barrierefreiheit beantragt. Wir werden aufmerksam verfolgen, wie diese Maßnahmen trotz des Personalmangels abgearbeitet werden können.

Ein Thema aus dem Wahlkampf ist ein wenig in Vergessenheit geraten, obwohl es gerade in letzter Zeit genug Aufregung darum gab. Wie soll sich unsere schöne Innenstadt entwickeln. Braucht es eine Gestaltungssatzung, wie es unsere Nachbarstädte, Furth, Waldmünchen und Bad Kötzting teilweise schon verabschiedet haben. Schaffen wir es als Gremium, uns eindeutig für Erhalt, Modernisierung und Sanierung VOR Abriss und Neubau zu positionieren. Halten wir das durch, oder knicken wir in jedem neuen Fall ein? Eine spannende Frage für die Zukunft!

Auch die Stadt Cham muss ihren Beitrag gegen den Klimawandel leisten. Ein banaler Satz, dem jeder hier zustimmen wird. Natürlich genügt es in diesem Zusammenhang nicht, den Marktplatz temporär ergrünen zu lassen. Auch ein weiterer Gärtner macht noch keinen Sommer.
Der von uns Menschen verursachte Klimawandel ist auch in Cham mehr als sichtbar. Und deshalb braucht es ein nachhaltiges Konzept mit vielen kleinen und großen Maßnahmen. Eine Klimamanagerin ist für uns keine Wunschvorstellung, sondern notwendig und gut investiertes Geld. Wir klopfen uns gerne auf die Schulter, wenn wieder ein Baugebiet ausgewiesen ist, schließlich ist der Nachfragedruck groß. Dabei müssten wir viel konsequenter gegen den Flächenverbrauch in unserer Kommune vorgehen und brauchen verstärkte Förderung von Nachverdichtung.

Wir wünschen uns, dass die Vorschläge unserer Fraktion für mehr Umwelt und Nachhaltigkeit mit mehr Respekt gehört und mit mehr Mut umgesetzt werden. Wir werben für eine liebens- und lebenswerte Stadt. Ist Ihnen klar, dass für eine wachsende Anzahl von Menschen der Umgang mit unseren Ressourcen und der Kampf gegen den Klimawandel genauso dazu gehört, wie eine asphaltierte Straße vor der Haustür? Bei diesem Thema sehen wir noch erheblichen Spielraum nach oben.

In diesem Zusammenhang passt ein weiteres Thema dazu. Cham ist auch Heimat für Menschen, die sich kein neues Haus in einem Baugebiet errichten können. Vor Jahren schon haben wir beschlossen, unsere städtischen Wohnungen Zug um Zug zu sanieren und modernisieren. Dieser Zug ist arg ins Stottern geraten und braucht aus unserer Sicht wieder mehr Anschub.

Abschließend möchte ich noch kurz auf ein Thema eingehen, das uns allen sehr am Herzen liegt. Vor einem Jahr haben wir den Grundstein für den Neubau unseres Seniorenheims St. Michael gelegt. Wir waren uns einig, dass wir diesen wichtigen Aspekt der Daseinsvorsorge nicht aus der Hand geben. Seitdem ist enorm viel passiert und ich bin unserem Bürgermeister und der Verwaltung sehr dankbar, dass alle hier ordentlich Gas gegeben haben. Wenn nicht alle an einem Strang gezogen hätten, wären wir sicher noch nicht so weit. Die Erarbeitung des Konzepts ist bisher trotz Corona Kontaktbeschränkungen ein sehr demokratischer Prozess, in den jeder und jede seine/ihre Meinung einbringen kann. Das Konzept und die planerische Umsetzung verlangen den Beteiligten seit Monaten einiges an Zeit und Hirnleistung ab. Ziel ist formal ein Seniorenheim der 5. Generation mit Kurzeit- und Tagespflegeangeboten, aber auch ein Begegnungs- und Servicezentrum für unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Vision dahinter ist aber auch, einen Ort zu schaffen, an dem alle Menschen gerne sind und sich wohl fühlen. Diesen Spirit zu schaffen, lohnt jede Anstrengung. Anstrengend ist es auch, nicht nur blind den Zwängen der Finanzierung zu folgen, sondern jeden Ausgabenblock dahingehend zu prüfen, ob kurzfristige Sparmaßnahmen nicht doch kostenintensivere Nachbesserung nach sich ziehen werden. Die Erfahrungen aus dem Bau der Stadthalle sollten uns eine Lehre hierfür sein.

Die Fraktion SPD/ÖDP bedankt sich von Herzen, aber mit Abstand

• für die gute Zusammenarbeit mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung,
• für die kollegiale Zusammenarbeit im neuen Gremium
• für die rasante Arbeit unseres Bürgermeisters zum Wohle unserer Heimatstadt

Cham muss BB werden, also grüner und barrierefreier. Wir nutzen die Gelegenheit und schreiben Ihnen das heute schon mal ins Stammbuch, denn mit der Impfung und der Lockerung der Kontaktbeschränkungen kommen so viele neue Termine auf Sie zu, dass man als Bürgermeister schon mal in Gefahr gerät, ein Thema mit nicht so viel Lobbywumms aus den Augen zu verlieren. Dem wirkt unsere Fraktion gerne entgegen.

Letztes Jahr habe ich Ihnen allen hier an dieser Stelle noch ein spannendes 2020 gewünscht. Das war wohl zu viel des Guten. Heuer im Dezember sind wir froh, dass wir dieses außergewöhnliche Jahr im wahrsten Sinne des Wortes einigermaßen überlebt haben – nicht alle hatten das Glück!

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien eine ruhige Weihnachtszeit – bleiben wir einfach mal zuhause! Zugleich verbinden wir 2021 mit großen und kleinen Hoffnungen. Zum einen die Pandemie zu besiegen und zum anderen, dass wir die Kollateralschäden, die dieses Virus geschlagen hat, Stück für Stück und gemeinsam bewältigen können.

Claudia Zimmermann, Fraktionssprecherin SPD/ÖDP
Cham, den 10.12.2020, es gilt das gesprochen Wort.